In unserem letzten Newsletter haben wir uns mit den Unterschieden zwischen den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) und den Standards der Global Reporting Initiative (GRI) beschäftigt.
In diesem Newsletter möchten wir uns auf die Gemeinsamkeiten der beiden Standards konzentrieren. Unser Ziel ist es, Unternehmen, die vor der Herausforderung stehen, von den GRI-Standards auf die ESRS umzusteigen, die Schnittstellen zwischen den beiden Standards aufzuzeigen und ihnen damit zu verdeutlichen, dass es bereits eine solide Basis für die ESRS-Berichterstattung gibt.
Dazu wird zunächst die übergeordnete Zielsetzung beider Standards dargestellt. Anschließend wird die Struktur der Standards näher beleuchtet. Im nächsten Schritt gehen wir auf die Überschneidungen in den zentralen Konzepten ein, insbesondere auf das Konzept der Wesentlichkeit und das der Due Diligence.
Mit diesem detaillierten Überblick möchten wir Ihnen zeigen, dass der Übergang von GRI zu ESRS machbar ist, da viele bereits etablierte Prozesse und Berichtsmechanismen weiterhin genutzt werden können.
Dieselben Ziele: Nachhaltige Entwicklung, Transparenz und Stakeholder-Einbindung
Die ESRS und GRI-Standards verfolgen die gleichen übergeordneten Ziele: die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung, die Verbesserung der Transparenz und die stärkere Einbindung von Stakeholdern. Die strengen Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung sollen Unternehmen dazu anregen, sich intensiver mit ihren Auswirkungen auf Mensch, Umwelt und Wirtschaft auseinanderzusetzen. Damit wird eine integrierte Betrachtung von ESG-Themen (Environmental, Social, Governance) gefördert und ein ganzheitliches Verständnis von unternehmerischer Verantwortung unterstützt.
Eine umfassende Prüfung von Nachhaltigkeitsaspekten, wie sie sowohl von den GRI-Standards als auch von den ESRS gefordert wird, kann bisher übersehene Optimierungspotenziale aufzeigen. Dies wiederum kann Innovation und Effizienz fördern, indem Unternehmen motiviert werden, neue Wege zu finden, um ihre Nachhaltigkeitsziele zu erreichen und ihre Leistung kontinuierlich zu verbessern.
Darüber hinaus sorgen die klar definierten Anforderungen beider Standards für Konsistenz und Vergleichbarkeit der Berichte verschiedener Unternehmen. Diese Vergleichbarkeit ermöglicht es den Stakeholdern, die Nachhaltigkeitsleistung verschiedener Unternehmen miteinander zu vergleichen und fundierte Entscheidungen zu treffen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Förderung des Dialogs zwischen Stakeholdern und Unternehmen. Beide Standards fordern die Berücksichtigung unterschiedlicher Stakeholder-Perspektiven im Berichterstattungsprozess. Dies bedeutet, dass Unternehmen aktiv das Feedback und die Erwartungen ihrer Stakeholder einholen und in ihre Nachhaltigkeitsstrategie integrieren müssen. Diese Einbindung der Stakeholder soll dazu beitragen, Vertrauen aufzubauen und langfristige Beziehungen zu stärken.
Ähnlicher Aufbau: Allgemeine Standards, Themenstandards und Branchenspezifische Standards
Bei der Entwicklung der ESRS verfolgte EFRAG das Ziel, auf bestehenden Standards aufzubauen. Insbesondere wurde eine größtmögliche Übereinstimmung mit den GRI-Standards angestrebt. Dadurch sollte den Unternehmen der Übergang zu den neuen verpflichtenden ESRS erleichtert werden. Interoperabilität, Harmonisierung der Anforderungen und Reduzierung des Berichtsaufwands waren dabei die Ziele.
Die ESRS und GRI-Standards haben daher eine vergleichbare Struktur. Beide Rahmenwerke gliedern sich in allgemeine Standards, Themenstandards und branchenspezifische Standards. ESRS 1 und 2 ähneln den universellen GRI-Standards. Sie enthalten allgemeine Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung eines Unternehmens, definieren Anwendungsregeln für die Standards, den Aufbau der Berichte und Berichtsprinzipien sowie Offenlegungspflichten zu Governance-Strukturen und zum Prozess der Wesentlichkeitsanalyse.
Die ESRS-Themenstandards sind vergleichbar mit den GRI-Themenstandards und gliedern sich ebenfalls in Umwelt-, Sozial- und Governance-Themen. Insbesondere in den Bereichen Soziales und Governance gibt es große inhaltliche Überschneidungen.
Die branchenspezifischen ESRS werden derzeit von der EFRAG entwickelt. Diese sollen den Unternehmen in den verschiedenen Sektoren präzisere Leitlinien an die Hand geben und die Relevanz sowie den Nutzen der berichteten Nachhaltigkeitsinformationen erhöhen. Die branchenspezifischen Standards sollen sich weitgehend an denen der GRI orientieren.
Überschneidungen beim Konzept der Wesentlichkeit
Ein zentrales Konzept sowohl in den GRI-Standards als auch in den ESRS ist die Wesentlichkeit. Nach beiden Standards müssen Unternehmen (mit wenigen Ausnahmen) nur über die Themen berichten, die sie als wesentlich identifiziert haben.
Interessanterweise hatten die ESRS zunächst eine widerlegbare Vermutung der Wesentlichkeit vorgesehen. Danach waren grundsätzlich alle Themen als wesentlich eingestuft und somit auch berichtspflichtig. Unternehmen konnten bestimmte Informationen als nicht wesentlich einstufen, wenn sie „vernünftige und stützbare Beweise“ vorlegten, die die Wesentlichkeit widerlegen. Diese Vermutung wurde jedoch wieder entfernt. Nach derzeitigem ESRS-Entwurf gilt dasselbe wie bei den GRI-Standards: Unternehmen müssen grundsätzlich nur über die Themen berichten, die sie im Rahmen ihrer Wesentlichkeitsanalyse als wesentlich identifiziert haben. Es bedarf keiner Erklärung zu den Themen, die als nicht wesentlich eingestuft wurden.
Das bedeutet, dass die hohe Anzahl der ESRS-Datenpunkte im Vergleich zu den GRI-Standards und die geringe Übereinstimmung der beiden Rahmenwerke im Themenbereich Umwelt für Unternehmen unter Umständen keine so große Herausforderung darstellen, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag. Denn wenn z.B. die Themen Biodiversität oder Wasser- und Meeresressourcen ohnehin nicht wesentlich sind, ist der Anteil der ESRS-Datenpunkte, die in diesen Bereichen durch die GRI-Standards abgedeckt werden, nicht relevant.
Wie bereits im letzten Newsletter dargelegt, bestehen Unterschiede in der Wesentlichkeitsanalyse zwischen den GRI-Standards und den ESRS. Die GRI-Standards verwenden eine „einfache“ Wesentlichkeitsanalyse, die sich nur auf Auswirkungen bezieht. Im Gegensatz dazu führen die ESRS das Konzept der doppelten Wesentlichkeit ein, das sich sowohl auf Auswirkungen als auch auf finanzielle Aspekte bezieht. Beide Rahmenwerke benutzen jedoch das Konzept der Wesentlichkeit der Auswirkungen und definieren es gleich: Es bezieht sich auf die Auswirkung, die die Organisation auf die Umwelt und die Menschen, einschließlich ihrer Menschenrechte, hat oder haben könnte, und zwar im Zusammenhang mit ihren eigenen Aktivitäten und der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette, einschließlich ihrer Produkte und Dienstleistungen sowie ihrer Geschäftsbeziehungen.
Der Startpunkt der Wesentlichkeitsanalyse bei den ESRS sind die Auswirkungen, auf die die finanzielle Wesentlichkeitsanalyse aufbaut. Unternehmen, die bislang nach den GRI-Standards berichtet haben, sollten somit zumindest mit einem Teil der Wesentlichkeitsanalyse gut vertraut sein. Dies erleichtert den Übergang und stellt sicher, dass viele der bereits etablierten Prozesse weiterhin genutzt werden können.
Fazit
Die Umstellung von den GRI-Standards auf die ESRS mag auf den ersten Blick herausfordernd erscheinen, doch wie wir in diesem Newsletter gezeigt haben, gibt es viele Gemeinsamkeiten, die den Übergang erleichtern. Beide Standards verfolgen dieselben übergeordneten Ziele: die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung, die Verbesserung der Transparenz und die stärkere Einbindung von Stakeholdern. Die vergleichbare Struktur der Rahmenwerke, die ähnliche Gliederung in allgemeine Standards, Themenstandards und branchenspezifische Standards sowie die gemeinsame Definition zentraler Konzepte wie der Wesentlichkeit bieten eine solide Grundlage. Unternehmen können viele ihrer bereits etablierten Prozesse weiterhin nutzen, was die Umstellung erleichtert und sicherstellt, dass sie ihre Nachhaltigkeitsberichterstattung effizient gestalten können.
Im nächsten Newsletter werden wir uns auf die Interoperabilität zwischen den Standards konzentrieren und erläutern, inwieweit Unternehmen, die bisher Nachhaltigkeitsberichte nach den GRI-Standards erstellt haben, ihre etablierten Prozesse und erhobenen Daten auf die ESRS-Berichterstattung übertragen können.