Während die externe Prüfung der finanziellen Berichterstattung keine Neuheit ist, war eine unabhängige Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten bisher nur in einigen Ländern (z.B. Frankreich, Italien und Spanien) vorgeschrieben. Die Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (EU-Richtlinie 2022/2464, CSRD), die die Bilanzrichtlinie (EU-Richtlinie 2013/34, AD) abändert, führt nun jedoch eine allgemeine Pflicht zur externen Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen ein, die in den Anwendungsbereich der CSRD fallen. Künftig müssen diese Unternehmen durch einen Wirtschaftsprüfer, eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft oder einen anderen unabhängigen Dienstleister bestätigen lassen, dass ihr Nachhaltigkeitsbericht in Übereinstimmung mit den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) erstellt wurde.
Die Pflicht zur externen Prüfung wurde eingeführt, um die Transparenz und Glaubwürdigkeit der Nachhaltigkeitsberichterstattung sicherzustellen, die Datenqualität zu verbessern, Greenwashing zu vermeiden und die Nachhaltigkeitsberichterstattung auf eine Stufe mit der Finanzberichterstattung zu stellen. Gleichzeitig stehen die Unternehmen vor einer neuen Herausforderung: Sie müssen ihre Nachhaltigkeitsdaten für eine externe Prüfung vorbereiten und prüfen lassen.
In diesem Newsletter stellen wir die Anforderungen der CSRD an die externe Prüfung dar und erläutern, wie Unternehmen, die in den Anwendungsbereich der CSRD fallen, vorgehen sollten, um einen effektiven Prüfprozess zu gewährleisten.
Was bedeutet „externe Prüfung“?
Die externe Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten soll die Richtigkeit der berichteten Nachhaltigkeitsinformationen und deren Übereinstimmung mit den berichteten Finanzinformationen sicherstellen. Falschaussagen sind zu vermeiden.
Die allgemeinen Anforderungen an die Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten sind in Art. 34 AD festgelegt. Danach sind Unternehmen von öffentlichem Interesse sowie mittlere und große Unternehmen verpflichtet, ihre Nachhaltigkeitsberichte durch einen oder mehrere von den Mitgliedstaaten zugelassene Abschlussprüfer oder Prüfungsgesellschaften extern prüfen zu lassen.
Wie wird die externe Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten durchgeführt?
Eine Prüfung kann entweder mit begrenzter Sicherheit (limited assurance) oder mit hinreichender Sicherheit (reasonable assurance) durchgeführt werden. Eine Prüfung mit begrenzter Sicherheit ist weniger umfangreich und die abschließende Beurteilung wird vom Prüfer in „negativer“ Form ausgedrückt (~ „Auf der Grundlage der durchgeführten Prüfungshandlungen und der erlangten Prüfungsnachweise sind uns keine Sachverhalte bekannt geworden, die uns zu der Auffassung gelangen lassen, dass der Bericht des Unternehmens nicht in Übereinstimmung mit den anwendbaren Berichtsstandards erstellt wurde“).
Die Prüfung mit hinreichender Sicherheit ist demgegenüber mit einem umfassenderen Verfahren verbunden und das Urteil wird in „positiver“ Form ausgedrückt (~ “ Auf der Grundlage der durchgeführten Prüfungshandlungen und der erlangten Prüfungsnachweise sind wir zu dem Schluss gekommen, dass die Angaben im Bericht des Unternehmens in Übereinstimmung mit den anwendbaren Berichtsstandards dargestellt und in allen wesentlichen Belangen wahrheitsgetreu wiedergegeben“).
Gemäß Art. 34 AD müssen ESRS-Berichte zunächst mit begrenzter Sicherheit geprüft werden. Dies umfasst
- die Übereinstimmung der Nachhaltigkeitsberichterstattung mit den anwendbaren Standards (d.h. den ESRS),
- die Analyse der doppelten Wesentlichkeit,
- die Einhaltung der Pflicht zur elektronischen Kennzeichnung der Nachhaltigkeitsberichterstattung und
- die Einhaltung der Berichtspflichten gemäß Artikel 8 der Verordnung (EU) 2020/852 (EU-Taxonomie-Verordnung).
Nach einer Übergangsphase soll die Prüfung dann mit hinreichender Sicherheit erfolgen und die Nachhaltigkeitsberichterstattung damit auf die gleiche Stufe wie die Finanzberichterstattung gestellt werden. Dies zeigt, dass Nachhaltigkeitsinformationen für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen und für die Entscheidungsfindung von Stakeholdern ebenso wichtig sind wie Finanzinformationen.
Nach welchen Standards werden Nachhaltigkeitsberichte geprüft?
Die Richtlinie über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen (EU-Richtlinie 2006/43/EG, Abschlussprüfungsrichtlinie) regelt die Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten. Art. 26a Abschlussprüfungsrichtlinie legt die Standards für die Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten fest. Danach müssen Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften die Prüfung in Übereinstimmung mit den von der EU angenommenen Standards durchführen. Um eine EU-weit einheitliche Praxis und Qualität bei der Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten zu gewährleisten, ist die Europäische Kommission ermächtigt, durch delegierte Rechtsakte Standards für die Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten zu erlassen. Bislang gibt es jedoch keinen von der Europäischen Kommission verabschiedeten Prüfstandard für die ESRS-Berichterstattung.
Die Europäische Kommission soll bis zum 1. Oktober 2026 delegierte Rechtsakte für Prüfstandards mit begrenzter Sicherheit und bis spätestens 1. Oktober 2028 für Standards zur Prüfung mit hinreichender Sicherheit erlassen. Bis dahin erlaubt Art. 26a Abschlussprüfungsrichtlinie den Mitgliedstaaten die Anwendung nationaler Prüfungsstandards. Das derzeitige Fehlen eines gemeinsamen Standards für die Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten birgt ein gewisses Risiko unterschiedlicher Auslegungen und Erwartungen hinsichtlich des Umfangs des Prüfungsauftrags.
Prüfer können zudem internationale Standards anwenden, wie sie vom International Auditing and Assurance Standards Board (IAASB) entwickelt wurden. Die Standards des IAASB sind öffentlich zugänglich, Teil eines umfassenden globalen Rahmens für die Abschlussprüfung und allgemein anerkannt.
Die internationalen Standards des IAASB für die Nachhaltigkeitsprüfung sind
i) International Standard on Assurance Engagements ISAE 3000 (Revised),
ii) Assurance Engagements on Greenhouse Gas Statements ISAE 3410 und
iii) Proposed International Standard on Sustainability Assurance ISSA 5000.
ISAE 3000 (Revised) legt die methodischen Schritte fest, die erforderlich sind, um den Anforderungen an eine begrenzte oder hinreichende Sicherheit gerecht zu werden. Die derzeitige Praxis der externen Prüfung in der EU basiert weitgehend auf diesem Standard, unabhängig davon, ob sie gesetzlich vorgeschrieben ist oder von den Unternehmen freiwillig angewandt wird. ISAE 3410 schafft Klarheit in Bezug auf die wichtigsten Leistungsindikatoren (Key Performance Indicators, KPIs) für Treibhausgasemissionen. Schließlich soll der Entwurf des ISSA 5000 als umfassender Standard für alle Nachhaltigkeitsprüfungen diesen. Der Entwurf des ISSA 5000 soll bis Ende 2024 veröffentlicht werden. Nach Ansicht der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) soll der vorgeschlagene ISSA 5000 als international anerkannter Nachhaltigkeitsstandard ausreichende Leitlinien für eine einheitliche Anwendung bieten, wodurch die Qualität der Prüfungen erheblich verbessert und das Vertrauen der Nutzer in Nachhaltigkeitsinformationen gestärkt wird.
Wie soll ein Bestätigungsvermerk zur Nachhaltigkeitsberichterstattung erstellt werden?
Artikel 28a der Abschlussprüfungsrichtlinie bestimmt den Inhalt des Bestätigungsvermerks zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Danach ist der Prüfbericht schriftlich abzufassen und muss
- das Unternehmen und den Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung benennen,
- die jährliche oder konsolidierte Berichterstattung sowie das Datum und den Berichtszeitraum angeben,
- den Umfang der Prüfung beschreiben und
- das Prüfungsurteil enthalten.
Unternehmen sollten ihre Nachhaltigkeitsberichte sorgfältig erstellen und dabei die oben genannten Anforderungen berücksichtigen. Auf diese Weise können externe Prüfer leicht beurteilen, ob die Informationen in allen wesentlichen Punkten korrekt sind.
Was sind die Herausforderungen bei der Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten und wie können Unternehmen diese bewältigen?
Aufgrund der CSRD wird die Zahl der Unternehmen, die eine Prüfung ihrer Nachhaltigkeitsberichterstattung in Auftrag geben, deutlich steigen. Um dieser Nachfrage gerecht zu werden, werden Prüfungsanbieter voraussichtlich ihre Dienstleistungen erweitern und neben der Prüfung der Finanzberichterstattung auch die Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung anzubieten. Wie bereits erwähnt, gibt es derzeit keinen einheitlichen Standard für die Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung nach den ESRS. Prüfungsanbieter sollten daher die nationalen Prüfungsstandards jedes Mitgliedstaats sowie internationale Standards wie die IASSB-Standards sorgfältig prüfen.
Darüber hinaus stellt auch der Inhalt der zu prüfenden Informationen eine Herausforderung dar. Nachhaltigkeitsinformationen umfassen verschiedene Themen, die sich auf unterschiedliche Einheiten beziehen. Bei Finanzinformationen sind Fehler leichter zu erkennen, da die Informationen im Bericht in den gleichen Währungseinheiten angegeben werden (z.B. Euro, US-Dollar etc.). In Nachhaltigkeitsberichten werden jedoch andere Einheiten verwendet (Tonnen, Kilowatt, Liter usw.). Dies erhöht das Risiko von Verwechslungen und erfordert eine genauere Prüfung bei der Erstellung und Prüfung der Berichte.
Um dieser Herausforderung zu begegnen, sollten Unternehmen in ihren Nachhaltigkeitsberichten genaue Angaben machen und sicherstellen, dass die berichteten Informationen für Prüfer und Nutzer verständlich, konsistent und korrekt gekennzeichnet sind. Unternehmen können sich bei der Erstellung von Nachhaltigkeitsinformationen die folgenden Fragen stellen:
- Gibt es eine Risikobewertung für diesen Leistungsindikator?
- Bestehen unterstützende Prozesse als interne Kontrollen, um sicherzustellen, dass die Informationen verlässlich sind?
- Wie wird sichergestellt, dass die berichteten Informationen kein Greenwashing-Risiko darstellen?
- Inwieweit besteht eine Abhängigkeit von Angaben Dritter?
- Wie berechnet der Dritte die jeweiligen Angaben?
Wir empfehlen Unternehmen, eine solide Datenbasis für ihre Leistungsindikatoren zu haben, um sicherzustellen, dass sie die richtigen Daten für ihre Berichterstattung erhalten. Dies würde auch dem externen Prüfer während des Prüfungsprozesses helfen. Unternehmen können den externen Prüfer auch in die Vorbereitung des Nachhaltigkeitsberichts einbeziehen, um die Richtigkeit und Vollständigkeit der Daten zu überprüfen.
Fazit
Die CSRD führt eine obligatorische Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten für Unternehmen ein, die in den Geltungsbereich der Richtlinie fallen. Die Prüfung hat zunächst mit begrenzter Sicherheit und zu einem späteren Zeitpunkt dann mit hinreichender Sicherheit zu erfolgen. Die AD und die Abschlussprüfungsrichtlinie legen die allgemeinen Anforderungen für die Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten fest. Um Prüfungsanbietern eine Orientierungshilfe zu bieten und harmonisierte Standards zu haben, wird die Europäische Kommission Prüfungsstandards entwickeln. Bis dahin können nationale oder internationale Standards wie die Standards des IAASB verwendet werden.
Der Prozess der Prüfung von Nachhaltigkeitsinformationen ist mit besonderen Herausforderungen verbunden, wie z. B. dem Bedarf an Fachkompetenz bei der Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten, der Heterogenität von Prüfungsstandards und Maßeinheiten usw. Um einen reibungslosen Prüfungsprozess zu gewährleisten, sollten Unternehmen besonders auf die Qualität und Konsistenz der Daten achten und den Prüfer in die Erstellung der Nachhaltigkeitsberichte einbeziehen.